Schlechte Arbeitsatmosphäre, fehlende Diversität, kein Mitspracherecht jüngerer Anwältinnen und Anwälte – Unternehmensjuristen beklagen seit Jahren den schlechten Auftritt von Kanzleien bei Pitches. Werfen Sie einen Blick in unsere Checklisten und machen es besser!

Wir werden oft gefragt, worauf es denn nun wirklich ankommt, wenn man einen Pitch gewinnen möchte. Natürlich haben auch wir nicht das einzig wahre Rezept dafür. Aber wir haben viele Gespräche mit Unternehmensjuristen geführt und selbst einige Situationen erlebt, die es uns ermöglichen, Ihnen folgende grundsätzliche Tipps weiterzugeben. Berücksichtigen Sie diese künftig, auch, wenn einige ein wenig Mut erfordern und Sie vielleicht überraschen werden.

Vor dem Termin: die Pitchunterlage und das Rehearsal

Wichtigste Erkenntnis: Die Pitchunterlage entscheidet nicht über Ihren Erfolg. Es mag Sie erstaunen, aber die Selbstdarstellung der eigenen Kanzlei spielt beim Pitchen die geringste Rolle. Wie viele Büros und Anwälte weltweit Sie haben, welche Lebensläufe, wie viele Referenzmandate Sie vorweisen können, das ist einfach nicht wichtig. Ein Blick auf die Website beantwortet meist alle Fragen, die eine Rechtsabteilung dazu haben könnte. Stecken Sie also nicht Unmengen an Arbeitsstunden in Hochglanzprodukte, quälen sie Ihre BD-Abteilung nicht länger mit unnötigen Nachtschichten und Gefeile an noch der letzten unwichtigen Formulierung.

Was denn dann, fragen Sie sich? Seien Sie mutig und halten Ihre Unterlage ganz kurz. Nehmen Sie sich stattdessen ausreichend Zeit, die Themen zu recherchieren, die das Unternehmen und seine Rechtsabteilung beschäftigen, bei dem Sie pitchen. Es kommt ausgesprochen gut an, wenn Sie darüber nachgedacht haben und Angebote machen, wie Sie konkret helfen können. Eine Diskussion darüber hilft dann im Pitchgespräch viel mehr als beispielsweise das Vortragen Ihrer Referenzmandate. Diese mögen eindrucksvoll sein – haben aber mit dem Unternehmen und der Arbeit der Rechtsabteilung vermutlich nichts zu tun.

Zweiter wichtiger Aspekt der Vorbereitung: Proben Sie Ihren Auftritt mit dem Team, mit dem Sie antreten wollen. Sie würden auch nicht ohne Vorbereitung eine Rede halten oder ein Statement vor der Presse abgeben. So viel anders ist es im Pitchtermin nicht. Ein Rehearsal vor dem eigentlichen Termin offenbart sofort Schwachstellen, schlechtes Teamplay und mangelnde Vorbereitung. Holen Sie objektive Beobachter hinzu und lassen jemanden aus einer anderen Abteilung (BD oder Marketing oder auch Anwälte aus anderen Praxisgruppen) die Rolle des Rechtsabteilungsleiters spielen. Das macht erstens wirklich Spaß und ist eine Art Teamevent – und zweitens hilft es Ihnen ungemein, Sicherheit im Auftritt zu bekommen. Lassen Sie sich vielleicht auch filmen mit der Handykamera und schauen sich die Aufnahme dann später an. Bitten Sie alle um ehrliches Feedback. Sie werden sehen, dass man Ihnen gegenüber sehr wohlwollend und hilfsbereit auftreten wird.

Im Termin: der Perspektivwechsel

Sie haben eine Einladung zum Pitchtermin erhalten – das ist ein großer Erfolg! Verderben Sie es jetzt nicht. Sie haben ja geübt und wissen, worauf es ankommt – oder nicht? 

Beherzigen Sie unsere Tipps:

Fragen stellen und zuhören

Häufige Kritik ist, dass die Anwälte sich keine Zeit für einen Perspektivwechsel genommen haben. Der ist aber unerlässlich für eine gute Beratung! Punkten Sie bestenfalls mit echtem Wissen über Unternehmen, Themen und Geschäftsmodelle und stellen dazu kluge Fragen. Nach wie vor reden Anwälte zu viel von sich und ihrer Kanzlei. Verständnisfragen sind immens wichtig, um besser zu verstehen, wobei externe Hilfe gebraucht wird. Scheuen Sie sich also nicht, alle Fragen zu stellen, die Ihnen helfen, die Aufgaben der Rechtsabteilung besser zu verstehen. Kommen Sie darüber ins Gespräch. Drehen Sie die Rollen einmal um und geben sich nicht als allwissender Berater, sondern fragen Ihrerseits nach Rat. Und wenn Sie diesen erhalten – hören Sie gut hin! Notieren Sie sich, was der Unternehmensseite wichtig ist. Denken Sie daran, viele Menschen sprechen gern über sich selbst und ihr Unternehmen.

Sie haben hier die Chance, Ihre Gesprächspartner und deren Anliegen ernst zu nehmen und sich positiv von Mitbewerbern abzuheben.

Mangelnde Diversität, fehlendes Teamplay im Pitchtermin

Internes Kompetenzgerangel führt häufig dazu, dass zu viele Partner und zu wenige Associates bei einem Pitchtermin auftreten. Sie, lieber Leser, haben ja jetzt geübt und das intern besprochen, daher wird Ihnen dieser Fauxpas nicht unterlaufen. Hier also nur zur Erinnerung: Vermeiden Sie unbedingt den Auftritt von Anwälten, die die Arbeit nachher gar nicht erledigen. Die Rechtsabteilung dankt es Ihnen. Denn die will wissen, mit wem sie später zusammenarbeitet. Geben Sie diesen Kolleginnen und Kollegen ausreichend Raum. Das gilt auch dann, wenn es sich noch um unerfahrenere Anwälte handelt.

Ach, und falls Sie noch überlegen: Natürlich besetzen Sie ihr Team mit unterschiedlichen Persönlichkeiten. Das ist doch keine Frage! Setzen Sie auf Vielfalt – in Geschlecht, Ethnie, Herkunft, Alter, Ausbildung – was immer Ihr Team und das künftige Mandat bereichert. Anwältinnen gehören also genauso ins Team wie Anwälte. Junge wie ältere Kollegen und so weiter und so fort. Offenbar immer noch keine Selbstverständlichkeit, wie man hört. Selbst, wenn die Kanzlei weiß, dass das Mandat seitens der Rechtsabteilung ausgewogen zusammengesetzt ist oder hauptsächlich von einer Juristin betreut wird, fehlen die Juristinnen auf der Seite der Kanzlei auch heute noch. Und so sind die Zusammenstellung der Pitch-Teams, die schlechte Arbeitsatmosphäre untereinander, aber eben auch die fehlende Diversität oft ein Grund, warum ein Pitch verloren wird.

Und nun ein letztes No-Go: Der verzweifelte Versuch, im Termin Cross-Selling zu betreiben, setzt dem Auftritt einer Kanzlei manchmal die Krone auf. Cross-Selling ist verboten, wenn es sich nicht anbietet! Versuchen Sie nicht krampfhaft, andere Praxisgruppen mit zu verkaufen. Es ergibt sich entweder oder es ergibt sich nicht. Hören Sie da auf Ihr Bauchgefühl.

Checklisten

Bevor Sie jetzt loslegen, überprüfen Sie anhand unserer Checklisten noch einmal, ob Sie alles berücksichtig haben, was Sie für einen erfolgreichen Pitch brauchen.

Vor dem Termin:

  1. Nehmen Sie einen Perspektivwechsel vor und versetzen sich in die Lage des Unternehmensjuristen. Wobei könnte dieser Ihre Hilfe benötigen? Planen Sie Ihr Gespräch von dieser Perspektive aus.
  2. Führen Sie Rehearsals durch und spielen die Pitchsituation durch. Dabei fallen Unstimmigkeiten schnell auf.
  3. Gehen Sie davon aus, dass Ihre Referenzen und Ihre Kanzlei bekannt sind und gestalten Sie Ihr Pitchdokument entsprechend kurz. Aufwendig gestaltete Broschüren oder gar Power Point Präsentationen werden nicht gelesen.
  4. Setzen Sie Ihr Pitch-Team ausgewogen und mit den Anwälten zusammen, die dann später auch die Arbeit erledigen.
  5. Kennen Sie Ihre Unterlage, die verwendeten Fotos und seien Sie gefasst auf Nachfragen.

Im Pitch-Termin:

  1. Stellen Sie Fragen. Hören Sie Ihrem potentiellen Mandanten zu.
  2. Verzichten Sie auf zu viel Selbstdarstellung.
  3. Schaffen Sie eine gute Arbeitsatmosphäre und lassen jüngere Kollegen zu Wort kommen.
  4. Verzichten Sie auf Cross Selling-Versuche, wenn erkennbar keine gebraucht werden.

Nach dem Pitch-Termin:

  1. Senden Sie nach dem Termin eine E-Mail, in der Sie sich für das interessante/informative Gespräch bedanken.
  2. Wenn Sie eine Absage erhalten, fragen Sie nach, woran es gelegen hat. Eine spätere Zusammenarbeit ist durchaus noch möglich.